Uphoff: Dressur und Island-Reitweise ergänzen sich gut

Sie ist vierfache Olympiasiegerin in der Dressur mit ihrem prächtigen Rembrandt und nach Beendigung der aktiven Wettkampf-Karriere hat sich Nicole Uphoff mittlerweile als enorm engagierte Trainerin v.a. der Ausbildung des reiterlichen Nachwuchses verschrieben.

Neben der Arbeit in ihrem eigenen “Nicole Uphoff Nachwuchschampionat Dressur powered by EQUIVA” sind heutzutage aber auch die Islandpferde in ihren Fokus gerückt. Bekannte Namen wie Jolly, Lisa und Berni geben Nicoles neu gewonnene Begeisterung für die Pferde aus dem Land von Feuer und Eis – dankbar für wertvollen Input und professionelle Perspektive – ebenso freudig zurück.

isibless durfte aktuell ein solches Training der gebürtigen Duisburgerin am Gut Tannenhof in Niefern-Öschelbronn nahe Pforzheim begleiten und traf Nicole zum Interview auf der wunderschönen Reitanlage von Gastgeberin Nicoline Kölker, die sich und all denen, die dort ihre reiterliche Heimat gefunden haben, mit diesem Hof ein wahres Juwel geschaffen hat.

isibless: Nachdem Du’s nun im Rahmen mehrerer Trainingstage ganz nah kennengelernt und ja auch schon selbst die isländische Gangschaltung ausprobiert hast – wie findest Du das Islandpferd?

Nicole Uphoff: Ich bin von den Islandpferden total begeistert. Im Laufe der Zeit bin ich immer mal wieder angesprochen worden, neben den mir mein Leben lang bekannten Dressurpferden auch andere Pferderassen zu unterrichten, aber ich muss sagen, dass ich die Isis besonders spannend finde. Für mich ist immer ein ganz wichtiges Kriterium, dass ich auch selber beim Unterrichten Spaß habe, und genau das ist bei den Isländern der Fall, wo wir ja auch vieles von Eurer Reitweise mit der Dressur kombinieren können.

Natürlich muss ich als jemand, der die Islandpferde und ihre Gangarten nicht von der Pike auf kennt, an der einen oder anderen Stelle auch noch selber Fragen stellen, aber ich will erstens komplett verstehen, warum etwas so und nicht anders funktioniert, und zweitens ist es mir ganz wichtig, mit meinen Reitern aktiv zu kommunizieren, damit wir gemeinsam ruhig auch mal neue Dinge ausprobieren können, um aus den unterschiedlichen Bausteinen eine gute Kombination hinzubekommen. Dabei hilft dann natürlich auch eine gewisse Erfahrung, um zu erkennen, mit welchem Reiter und mit welchem Pferd man was ausprobieren kann, aber genau in dieser Individualität liegt ein großer Reiz, und ich trainiere wirklich sehr gern mit Islandpferden – erst recht natürlich auf einer so schönen Anlage wie hier am Tannenhof.

Wenn man bei so einem Training dann auch noch jemanden als Reiter hat, der einem sofort sowohl Feedback geben kann, gleichzeitig aber eben auch genau das umsetzen kann, was ich probieren möchte, dann haben wir damit, glaube ich, eine sehr gute Basis für unsere Arbeit miteinander. Eigentlich sind ja außerdem die Fragen oder Herausforderungen, mit denen auch die Islandpferdereiter zu mir kommen, gar nicht so unähnlich zu den Aufgaben bei uns in der Dressur. Meine Aufgabe ist es dann, meine eigene Erfahrung damit in Einklang zu bringen, was ich bei den Islandreitern und ihren Pferden sehe, damit das dann am Ende so gut zusammenpasst, dass es für ihren Sport und ihre Prüfungen hoffentlich ein bisschen schöner wird.

isibless: Womit hat Dich das Islandpferd überrascht? Hattest Du eventuell Vorstellungen von Merkmalen oder Herausforderungen, die bei näherer Betrachtung ganz anders waren?

Nicole Uphoff: Bei dieser Frage erinnere ich mich an meinen ersten Eindruck beim Selbstversuch. Für mich war das nämlich echt unbequem. Und das passte nun gar nicht zu meinen Erwartungen, denn einerseits sieht das immer so locker-flockig aus und genau das hatte mir ja auch jeder vorher gesagt, wie leicht das geht. Für mich als Dressurreiter war das allerdings zu Beginn gar nicht so, denn der Takt im Tölt fühlt sich so irre schnell an, das war ich einfach nicht gewohnt. Und dadurch, dass ich wahrscheinlich nach Jahrzehnten in der Dressur etwas anders versuche zu sitzen, fiel mir das wirklich nicht auf Anhieb leicht. Das ist einfach eine Frage, welche Muskeln man wie anspannt, und dadurch, dass das bei mir seit 40 Jahren „drin“ ist, fällt es mir dann wohl eher schwer, diese Muskeln so loszulassen, dass der Isländer dann auch für mich ganz leicht wird.

isibless: Wenn Du vorhin also davon gesprochen hast, wie Du Dich bei Deinen Reitschülern darum bemühst, Dressur-Elemente auf ihre Island-Reitweise anzuwenden, gilt das für Dich selbst andersherum also auch, wenn Du für Dich persönlich die beste Kombination herausfindest …

Nicole Uphoff: … absolut, das ist dann ja auch eine super spannende Aufgabe. Man sieht immer solche Bilder von Islandreitern mit großem Bierkrug in einem irren Tempo, und trotzdem schwappt nichts über. Da denkt man natürlich, dass das ganz einfach und spielerisch sein muss. Aber tatsächlich muss man auch das erstmal lernen. Ich finde das aber sehr reizvoll und da packt einen dann ja auch selber der Ehrgeiz, das hinzukriegen. Mittlerweile machen mir die Islandpferde und ihre Reiter soviel Spaß, und das ist einfach eine Herausforderung, der ich mich von Herzen gern stelle und wo ich mich wirklich voller Energie in diese neue Materie hineinfuchse.

Und dazu kommt dann ja auch das große Spektrum, das ich hier nun unterrichte, wo von den Freizeitreitern bis hin zu Euren WM-Teilnehmern ganz unterschiedliche Kombinationen dabei sind. Mit den Profis kannst Du natürlich ganz andere Dinge erarbeiten, allerdings geht es da, so wie es beispielsweise heute bei Lisa und Bernhard war, nicht selten nur um Nuancen, die allerdings enorm spannend sind. Aber wenn eben jemand auf so einem Byr, so einer Keila oder beim letzten Mal auf so einem Glæsir sitzt, der das dann so gut spüren und auch sofort korrigieren kann, ist das natürlich fantastisch. Diese Feinheiten in unserer Arbeit wird kaum jemand gesehen haben, der von außen zugeschaut hat, aber das Ergebnis finde ich persönlich umso beeindruckender.

Wenn ich dann eine der eher freizeitorientierten Reiterinnen nehme, ist es für mich im Unterricht natürlich genauso reizvoll, wenn ich deren großen Fortschritt miterlebe. Eine von ihnen war heute zum dritten Mal dabei, und obwohl sie selber gar nicht häufiger reitet als einmal pro Woche, ist sie dabei so konsequent mit sich und mit ihrem Pferd, dass sie in diesem Jahr, seitdem wir uns kennengelernt haben, einen echten Quantensprung geschafft hat. Das Pferd hatte zu Beginn so viele Baustellen und auch die Reiterin hatte die richtige Hilfengebung noch überhaupt nicht verinnerlicht. Und sie hat so hartnäckig an sich gearbeitet, dass sie nun wirklich superstolz darauf sein darf, was sie mit ihrem Pferd geschafft hat. Total cool!

Jeder liebt sein Pferd und möchte natürlich gut damit klarkommen, und mein Ziel ist es, dazu einen Beitrag zu leisten – ob Warmblüter oder Isländer, ob Freizeit oder Leistungssport, ich brenne einfach für dieses Miteinander und für die Ausbildung, und da finde ich gerade die Abwechslung in den unterschiedlichen Zielgruppen richtig super.

isibless: Wie nimmst Du das Islandpferd im Konzert der vielen verschiedenen Pferderassen wahr, die wir in Deutschland haben? In der Vergangenheit konnte man sich nicht selten des Eindrucks erwehren, dass es eher die eigenen Interessenvertreter waren, die schon fast komplexbeladen wirkten, wenn sie im Dienste des „kleinen“ Islandpferdes um Anerkennung seitens der „großen“ FN rangen …

Nicole Uphoff: … ganz ehrlich, Ihr habt so viele Möglichkeiten mit dem Islandpferd und die Pferde sind für so viele Menschen so tolle Partner in so vielen unterschiedlichen Einsatzbereichen, da wäre es mir selber doch völlig egal, was irgendwelche Verbände sagen. Ihr könnt ganz sicher sein, dass „die da oben“ genau wissen, was sie am Islandpferd und seinen Fans haben, und da muss man niemandem hinterherlaufen.

isibless: Warst Du schonmal auf Island oder hättest Du Lust darauf?

Nicole Uphoff: Bisher leider noch nicht, aber das würde ich echt gern machen. Eine Freundin von mir war dort und sie hat so viele wunderschöne Fotos mitgebracht. Diese Stimmung, die sie dabei eingefangen hat, war einfach zauberhaft, da habe ich gedacht: Wow, ich will sofort dahin! Zum Glück ist Island ja gar nicht so weit weg und das mach’ ich bestimmt. Ich habe noch so eine Liste im Kopf von Orten, die ich gern sehen und kennenlernen möchte, denn selbst wenn ich früher so unglaublich viel gereist bin und in all diesen tollen Städten war, haben wir ja nie wirklich etwas gesehen außer Trainingsplatz, Prüfungsviereck und Hotels. Und Island ist bei diesen Wunschzielen nicht nur einfach dabei, sondern ziemlich weit oben auf der Liste!

isibless: Herzlichen Dank für unser gutes Gespräch.